Mittwoch, 23. April 2014

Vleischlaibchen, ExtraVurst und GnackVatschen?

Vorab ist ein kurzer Ausflug ins Jahr 2008 notwendig, um ein paar einleitende Erklärungen geben zu können.

Im besagten Jahr war ich an einem Gastro-Projekt beteiligt. Eines Tages erhielt ich eine Reservierungsanfrage bezüglich regelmäßiger Clubabende. Auf die Frage, ob wir auch vegane Küche anbieten würde, antwortete ich selbstverständlich mit ja.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich zwar auf dem Gebiet der vegetarischen Küche Bescheid wusste, aber bei veganer Küche war ich nicht ganz so sattelfest. Der Küchenchef, der sich bereits seit vielen Jahren mit veganer Küche beschäftigte, klärte mich auf und zeigte mir ausführlich worauf es ankommt, trotz Verzichts auf Fleisch und tierische Produkte, nicht auf den guten Geschmack verzichten zu müssen. Außerdem bestand er ausdrücklich darauf, dass vegane Küche, absolut nichts mit "schmeckt aber trotzdem wie" zu tun hätte.

Ich selbst esse alles was qualitativ hochwertig ist und sorgfältig zubereitet wurde, also bin ich weder Vegetarier noch Veganer, aber ich esse immer wieder gerne Gerichte ohne tierischen Einfluss und es macht auch richtig Spaß selbst auf diese Art zu kochen, denn es schmeckt wirklich gut.

Veganer Koch- und Lebensstil erlebt in den letzten Jahren einen regelrechten Aufschwung, was prinzipiell positiv ist. Über die Gründe weshalb man Veganer ist oder wird oder ob man eventuell nur "zeitweiser Veganer" ist (so wie ich), könnte man wahrscheinlich eine halbe Ewigkeit diskutieren.
Abseits aller Diskussionen hat die Industrie wieder einmal eine Nische mit viel Umsatzpotential entdeckt, denn einige Lebensmittelproduzenten machen das, was Vegane Küche genau genommen nicht ist; sie produzieren "schmeckt wie - Produkte". Extrem ausgedrückt, ich denke, niemand wir auf die Idee kommen, zum Beispiel ein Pangasius Filet so zubereiten zu wollen, dass es wie ein Wiener Schnitzel schmeckt. Aber die "Vegan-Industrie" gibt sich mit dem kleinen Kundenkreis der wahren Veganer anscheinend nicht zufrieden, daher werden Produkte wie "Extra mit Chili ohne Wurst" oder "veganer Käse" angeboten und bei den Fertiggerichten findet man auch "pikante Vleischlaibchen". Mit diesen Produkten sollen Fleischesser angesprochen werden und das scheint ganz gut zu funktionieren, denn nicht nur ein neugieriger "Berufstester", bleibt vor so einem "V-Regal" stehen, sondern auch genügend Menschen, die bei Soja, Tofu und Co eher Fluchtgedanken bekommen. Da wird schon mal eine Packung "Vrankfurter" und eventuell auch eine Packung "ChickVn-Nuggets" gekauft - zum Testen, versteht sich.


Wenn ich mit solchen Testkäufern ins Gespräch komme, höre ich immer wieder, wie verblüffend original das schmeckt und außerdem ist es ja viel gesünder und sogar bio. Auf Soja und Tofu angesprochen, bekommen ich allerdings eher weniger positive Antworten.
Viele Veganer und Vegetarier kommen sich angesichts solcher Produkte aber verhöhnt vor, denn die wissen seit vielen Jahren, wie schmackhaft "nicht Tierisches" zubereitet werden kann und dass es keiner "schmeckt wie - Produkte" bedarf.
Wer vegan lebt, braucht solche Artikel höchstwahrscheinlich nicht und wer sich ohne Ernährungs-Motto ausgewogen und vernünftig ernähren möchte, braucht solche Produkte mit Sicherheit auch nicht!


Fazit: Für mich persönlich ist das wieder mal eine Ohrfeige ins Genick des Konsumenten oder auf gut "Vienerisch" eine "G'nackVatschn"