Dienstag, 16. Dezember 2014

Ökologisches Weingut Pretterebner



Feine Weine für Kenner ...


Mit dieser aussagekräftigen Headline bekundet DI. Rolf Pretterebner sowohl am Deckblatt seiner Preislisten, wie auch auf  seiner Homepage, was man von seinen Weinen halten sollte oder besser gesagt, zu halten hat.

Pretterebner Weine sind mit Sicherheit keine "Mainstream Weine", die man ab Hof oder im Handel einfach so kauft, weil man sie probieren möchte oder weil Besuch kommt. Es mag ein wenig komisch klingen, aber diese Weine wollen verstanden werden und dazu bedarf es einer Art von Grundwissen zur Person Rolf Pretterebner, seiner persönlichen Einstellung zur Landwirtschaft, seiner Philosophie, seinem Naturverständnis und allem, was er damit verbindet. 


Vom BOKU-Studenten zum international anerkannten Önologen:

Nach erfolgreichem Studienabschluss an der Universität für Bodenkultur in Wien zog es Rolf Pretterebner in die Ferne. Er arbeitete als Önologe auf bekannten Weingütern in Frankreich und Italien. In seiner Bescheidenheit betrachtete er sich selbst niemals als allwissende Fachkapazität, sondern eher als ewig Weiterlernenden. Sein persönliches Wissen und seine Erfahrungen, welche er bei den großen Meistern des Weinbaus sammeln konnte, ließen ihn schon bald zum anerkannten Weinbauberater werden.

Seit dem ersten Tag seiner Arbeit ist es Rolf Pretterebner wichtig die Zusammenhänge von Klima, Boden, Rebstock und Mensch zu verstehen und allen Abläufen so viel Zeit zu gewähren, wie sie benötigen, frei nach dem Motto, stressfreies Wachstum, schonende Verarbeitung und entsprechende Reifeentwicklung. Auch ökologische Bewirtschaftung hatte für ihn von Beginn an den höchsten Stellenwert. Alle damit verbundenen Mühen und Anstrengungen und auch so manch spöttischer Kommentar, ließen ihn niemals von seinem Weg abkommen und das ist bis zum heutigen Tag so geblieben; alle natürlichen Ressourcen best möglich nützen, klassische Vinifizierung ohne High Tech Methoden.


Der eigene kleine, aber feine Weinbaubetrieb:

Genau genommen wurde Rolf Pretterebner aufgrund eines "Versuchs" zum selbstständigen Weinbauern. Er wollte für sich und seine Freunde bekömmliche "Terroir Weine" schaffen, wie man sie damals eigentlich nur außerhalb unserer Landesgrenzen kannte.

Damals, das war 1987. Rolf Pretterebner erwarb 1,5 Hektar Rebfläche in Zagersdorf und kaufte anfangs noch ein wenig Traubenmaterial zu. Bereits ein Jahr später war er stolzer Besitzer von knapp 3,5 Hektar in den besten Zagersdorfer Lagen. Zusätzlich konnte er 0,5 Hektar mit Portugieser Rebstöcken in Tattendorf erwerben. Leider müssen Liebhaber dieses erstklassigen Portugiesers seit einigen Jahren darauf verzichten, da Rolf Pretterebner seit 2009 diesen Weingarten nicht mehr bewirtschaftet. Angesichts der geringen Rebfläche und der Entfernung zwischen Zagersdorf und Tattendorf, ist diese Entscheidung absolut verständlich.

Aktuell bewirtschaftet Rolf Pretterebner ausschließlich seine Rebflächen in Zagersdorf. Die hier ausgepflanzten Rebstöcke sind 50 Jahre und älter. Spielarten des originalen Kekfrankos (Blaufränkisch), wie Kekfrankos Burgundy oder Kisch Kekfrankos sorgen dafür, dass sehr außergewöhnliche Blaufränkisch gekeltert werden.

Sankt Laurent, Blauer Burgunder, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah und Tannat werden reinsortig, als Gemischter Satz oder als Cuvee ausgebaut.


Pionierarbeit - Orange Wines:

Auch Weißburgunder und Chardonnay wachsen in den Pretterebner’schen Weingärten. Diese beiden Rebsorten müssten keines Falls ausführlich erklärt werden und auch über die unzähligen Möglichkeiten der Ausbauarten dieser beiden Sorten müsste nicht unbedingt ausschweifend berichtet werden. Allerdings - wie sollte es anders sein, es geht schließlich um Pretterebner Weine - muss ich doch ein wenig ins Detail gehen.

Wir alle haben in den letzten zwei bis drei Jahren bereits oftmals die Bezeichnung "Orange Wines" gehört oder gesehen. Auch die Verkostung und so manches Trinkvergnügen wurde so manchem Weinfreund zuteil. Weshalb ich das erwähne? Rolf Pretterebner hat seine Weißweintrauben bereits zu Beginn seiner Weinbautätigkeit auf der Maische vergoren und von Schönung, Korrektur Abstand genommen. Filtrierung muss auch nicht unbedingt sein und chemische Zusätze schon gar nicht. Das ergibt hochfärbige Weine, naturbelassen, charaktervoll und zu hundert Prozent sortentypisch. Vor nicht all zu langer Zeit wurden Winzer, wenn sie mit Weißweinen so verfuhren, milde belächelt, heute sind es "Orange Winemaker".

Cuvee Blanc 2005: Als Gemischter Satz genau auf diese Art vinifiziert! Intensives Goldgelb, strahlend und klar. In der Nase Aromen von Weißdorn, Lindenblüten, Kräutern, Wiesenhonig und Trockenfrüchten. Am Gaumen reife Mostbirnen mit saftigen Weingartenpfirsichen, untermalt von nussigen Aromen. Im Abgang erstaunlich ausgewogen, etwas breiter, aber doch elegant. Auch der Nachklang ist erstaunlich lang und angenehm. Noch erstaunlicher ist die Tatsache, dass dieser Wein noch immer über schöne Trinkreife verfügt und auch noch Potential für die nächsten Jahre hat.

Dieser Wein und vor allem sein Jahrgang führt direkt zu einer der Pretterebner’schen Philosophien, Wein braucht Zeit! Zeit zum Vergären, Zeit zum Reifen in Fässern, Zeit zum Reifen in Flaschen, Zeit um ein "Reservewein" zu werden. So ist es auch nicht wunderlich, dass keine Weine in den Verkauf kommen, die nicht zumindest gute mittlere Trinkreife haben.

Als Freund des Hauses darf man natürlich auch einige Fassproben kosten, die aus jüngeren Jahren stammen; 2010 oder 2012 zum Beispiel. Ich denke, nach einer Fassprobe 2013 oder gar 2014 zu fragen, könnte sogar als Fauxpas gewertet werden.

Aber keine Sorge, 2011 und 2012 werden demnächst gefüllt und voraussichtlich ab Mai 2015 erhältlich sein. 2013 wird höchstwahrscheinlich Mitte 2015 gefüllt und sollte dann mit Jahresende in den Verkauf gelangen.


Nicht trinkreif machen, sonder reifen lassen:

Gut gereifte Weine mit außergewöhnlichem Charakter, der oftmals an Burgund, Bordeaux, Piemont oder Sizilien erinnert. Echte Terroir-Weine mit Sortentypizität und unverkennbarer Stilistik.

  • Sankt Laurent 1996:
Mitteldunkles Bordeauxrot, mit orange-rötlichen Reflexen. In der Nase saftig, dezent stahlig, schwarze Kirsche, ein wenig Waldbeerenduft mit einem Hauch von Teeblättern; erdig - subtil. Am Gaumen momentan filigran, dann gut strukturiert mit schönem Fruchtkörper; erstaunlich lebendig. Im Abgang sehr gut ausgewogen, mit angenehmer, nicht zu deftiger Fülle. Würzig bis zum Ende mit ansprechendem Nachklang. Der Wein hat gute Trinkreife und wird diese noch mittelfristig behalten.

  • Blaufränkisch 1997:
Kekfrankos Trilogie: Tiefdunkles Rubinrot mit Granatschimmer. In der Nase vollreife Herzkirschen mit Waldbeeren und einem Hauch von Kräutern, untermalt von zarten Trockenfruchtaromen (ein Hauch von Amarone). Am Gaumen präsent und dicht, mit kompaktem Fruchtkörper; subtil, filigran und kräftig zugleich. Im Abgang erstaunlich kräftig und gut strukturiert, mit langem, angenehmen Nachklang. Gut trinkreifer Speisenbegleiter mit Potential für weitere zwei bis drei Jahre.

  • Papillon 1996:
Cuvee aus Cabernet Sauvignon und Syrah. Mitteldunkles Granatrot mit schwärzlichem Farbkern und leuchtenden Reflexen. In der Nase floral herbale Duftkombination mit Hibiskus, Zimt, Neugewürz, Nelke, Rosenholz, etwas Heublume und Kirschen. Am Gaumen Beerenaroma mit herbaler Würze, zarte Tannine sehr gut eingebunden in die Gesamtstruktur. Angenehme Säurebegleitung. Im mittellangen Abgang lebendig, fein verwoben bis zum Ende. Angenehmer Nachklang. Trinkreifer, gut ausgewogener Wein, der seine Trinkreife noch ein bis zwei Jahre behalten wird.

  • Blaufränkisch 1999:
Kräftiges, gedecktes Dunkelrot mit "rostigen" Reflexen. Unglaublich konzentrierte Frucht in der Nase, beinahe jugendlich; vollreife Kirschen, Schwarzbeeren, etwas Gartenkräuter, Zwetschken und ein Hauch Dörrpflaumen (wirkt wie ein Amarone). Am Gaumen ziemlich breit, aber sehr gut strukturiert, mit zarten Tanninen und dezenter Säure. Wirklich schöner Abgang mit langer Nachhaltigkeit. Schöne Trinkreife mit weiterem Entwicklungspotential für die nächsten drei bis vier Jahre. Dieser Wein hat mich auf die angenehmste Art und Weise überrascht!

  • Fanfare 1997:
Cuvee aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot. Nicht all zu kräftiges Bordeauxrot mit leuchtenden Farbrändern. Anfangs leicht stahlig in der Nase, gefolgt von roten und schwarzen Beeren mit einem Hauch von Gartenkräutern und dezentem Zedernaroma. Zarte, fragile, gut Strukturierter Fruchtkörper mit sehr gut eingebundenen Tanninen. Ziemlich langer Abgang, noch immer erstaunlich fruchtig, mit angenehmer Nachhaltigkeit. Trinkreifer Speisenbegleiter, der sich auch innerhalb der nächsten zwei Jahre weiterhin gut trinkreif präsentieren wird.


Verkostungsnotizen vom  09.12.2014



Fazit: Rolf Pretterebner ist ein Naturbursch mit Herz, bescheiden in seiner gesamten Art, umgänglich und nett, aber mit Sicherheit nicht angepasst und genau diesen Lebensstil verwirklicht er in seinen Weinen. Ein Besuch bei Rolf Pretterebner lohnt sich in jedem Fall, denn bei ausführlichen Gesprächen mit den entsprechenden Erklärungen erfährt man nicht nur was klassischer Weinbau und die dahinter stehende Philosophie bedeuten, man wird auch die feinen Unterschiede persönlich erfahren und möglicher Weise einer dieser von - Rolf Pretterebner eingangs erwähnten - Kenner, für die seine Weine bestimmt sind.