Mittwoch, 4. November 2015

Zehn Jahre danach ...



Neun erstklassige 2005er Bordeaux Weine


Der Mythos Bordeaux lebt nach wie vor und bei vielen "WeinkennerInnen" lösen diese Weine kulinarische Glücksgefühle mit Freudentränen aus. Trotz ernsthaftem Versuchs absolut neutral zu bleiben, erging es uns bei der Verkostung der nun folgenden Weine ähnlich.





  • Chateau Figeac 2005 (Prem. Grand Cru, St. Emilion)

Figeac ist eines von wenigen Weingüter in Saint Emilion mit durchlässigem Kiesbett im Unterboden, vergleichbar mit dem Medoc. So ist Figeac auch untypisch für die Region. Hier haben Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc die Oberhand. Ein reifer Figeac hat fast Medoc-Charakter und erlangt schon frühzeitig samtige Eleganz, obwohl er sehr langlebig ist. Schwarze Johannisbeeren vom Cabernet Sauvignon (ca. 35 %) vereinen sich mit Kräuternoten und aller feinstem Eichenton. Dieser Wein ist eine Klasse für sich. Mittlere Trinkreife mit gutem Entwicklungspotential zeichnen diesen Jahrgang ebenso aus, wie sein perfektes Preis- Leistungsverhältnis!


  • Chateau Troplong-Mondot 2005 (Grand Cru, St. Emilion)

Sattes, sehr dunkles Purpur mit violettem Schimmer. Wuchtiges Kirschbouquet, Maulbeeren, Kokosnoten und Cassis. Am Gaumen füllig, fleischig "fett", mit kräftiger Tanninstruktur. Noch immer mit viel Potential ausgestattet, welches man in dieser Klasse nie vermuten würde. Kräftiger, komplexer Abgang mit langer Nachhaltigkeit und vielversprechender Zukunft. Dieser Wein hat noch genügend Entwicklungspotential um innerhalb der nächsten acht bis zehn Jahre zu zeigen, wie schön gereifter Wein sein kann. 




  • Chateau Mouton Rothschild 2005 (Prem. Grand Cru, Pauillac)

Dieser Wein funkelt in intensiven Purpur- und Rubintönen. Der Brommbeer- Johanniskrautduft mit dezenten Röstaromen kann sich aufgrund der ausgezeichneten Struktur bestens entfalten. Im Abgang entwickelt sich eine wahre Explosion und trotz spürbarem Potential ist bereits jetzt eine sehr ausgewogene Nachhaltigkeit vorhanden. Zurzeit befindet sich dieser Rothschild am Anfang seiner Entwicklung und liebt es lange zu atmen,bevor er zum Genu? gereicht wird. Vorsichtig geschätzt hat dieser Wein ein Potential für weitere 20 bis 25 Jahre.


  • Chateau Lafite Rothschild 2005 (Prem. Grand Cru, Pauillac)

Der Lafite Rothschild ist genau genommen immer makellos, aber 2005 ist sogar fast unbeschreiblich. Nase und Gaumen harmonieren perfekt mit samtweichen Aromen von schwarzen Früchten, Blumen und Lakritze. Der dezente Hauch von Schiefer und Graphit unterstreicht die Bezeichnung "grosser Wein". Obwohl dieser Wein noch immer extremes Potential hat, zeichnet er sich bereits jetzt durch seine komplexe Homogenität und einen ausgewogenen Abgang aus. Ein wahrhaft göttlicher Tropfen!


  • Chateau Paradis Casseuil 2005 (Domain Baron de Rothschild - Lafite)

Obwohl ein "Zweitwein", ist dieser Wein eine absolute Rarität und steht seinen "großen Brüdern" um nichts nach. Der lehmige Untergrund dieser Weingärten ist ein hervorragender Feuchtigkeitsspeicher und so präsentiert sich dieser Jahrgang mit intensiver rubinroter Farbe. In der Nase breiten sich kräftige Beerentöne aus, die von einer elegant dezenten Kräuternote begleitet werden. Am Gaumen präsentiert sich die Fruchtnote kräftig und ausgewogen bis in den Abgang, der von sehr schöner Nachhaltigkeit geprägt ist. Ein erstklassiger Wein mit angenehmer Trinkreife, mittelfristigem Entwicklungspotential und perfektem Preis- Leistungsverhältnis.


  • Chateau Lynch-Bages 2005 (5. Grand Cru, Pauillac)

Sehr dunkles Violett mit feinem Wasserrand. Extrem aromatische, schwarzbeerige Nase mit Vanille, etwas Leder und Tabak, beeindruckend und intensiv, wuchtig drückend mit feiner "Süße". Auch am Gaumen intensive Schwarzbeerenaromatik. Samtig, seidig geschliffene Tannine, perfekt eingebundene Säure, so wie ein Hauch maskuliner Subtilität. Hervorragende Harmonie, satte Fruchtaromatik, mit langem, gut strukturiertem Abgang. Klasse mit unglaublich viel Trinkfreude und mittelfristigem Entwicklungs- und Lagerpotential.




  • Chateau Siaurac 2005 (Lalande de Pomerol A.O.C)

Mit 33 ha Rebfläche ist dieses Weingut eher klein, aber dafür werden Weine höchster Qualität gekeltert (jährlich ca. 60.000 Flaschen). Zirka 60% Merlot werden mit Petit Verdot und Cabernet Franc verschnitten. Der erste Eindruck besticht durch tiefdunkle Rubintöne. In der Nase entwickeln sich elegante Schwarzbeertöne mit einem Hauch von Feuerstein und dezenten Röstaromen. Am Gaumen entwickelt sich angenhme Fleischigkeit mit feiner Tanninstruktur, die sich im harmonischen Abgang bestens einbaut. Ein Wein mit Herz und Charme, mittelfristigem Lagerpotential und unglaublich gutem Preis- Leistungsverhältnis.


  • Chateau de Sales 2005 (Pomerol A.O.C)

Das Weingut Chateau de Sales ist nicht nur das einzig echte Chateau des Pomerol sondern es besitzt auch den größten Weinberg der Appellation. Dieser erstreckt sich im Nordosten der Appellation über eine 47 Hektar große Fläche und hat einen sandigen Boden mit kleinem Graves-Kies. Dieser Pomerol, mit schöner, glänzenden rubinroter Farbe entstand hauptsächlich aus Merlot, mit etwas Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Das Bukett entfaltet fruchtig - animalische Noten in der Nase. Der Gaumen zeigt schmackhaftes Tannin und feine Ausgewogenheit, bis in den Abgang. Pomerol mit einem Top Preis und noch immer großartigem Potential.


  • Chateau Petrus 2005 (Pomerol A.O.C)

Was gibt es zu Petrus zu sagen?! Dieser, fast 100%ige Merlot (max. 5% Cabernet Franc), straft jeden Lügen der behauptet, Merlot könne nicht altern. Es ist neben Le Pin der exklusivste Wein im Bordeaux und die gesamte Weinwelt streitet alljährlich um jede der 30.000 bis 35.000 Flaschen. Ein großer Jahrgang - wie auch der 2005er - ist aber auch jeden Euro wert. 2005 steht im Zeichen der Elegance. Sein komplexes Bouquet von reifen Beeren, Kirschen und eleganten Röstaromen, ist von schönster Reinheit. Petrus ist unabhängig vom Jahrgang stets ein wirklich unnachahmlicher Tropfen! Da gibt es einfach nichts hinzuzufügen, außer "über Preise spricht man nicht"!


Verkostungsnotizen vom Oktober 2015



Fazit: Abgesehen davon, dass diese 2005er Bordeaux Weine wahrscheinlich nur noch in guten Restaurants und Sammlerkreisen zu finden sein werden, überzeugen sie alle mit Charakter und Einzigartigkeit.

Einige von ihnen, wie Siaurac, de Sales oder Paradis Casseuil verblüffen zusätzlich mit einem Top Preis- Leistungsverhältnis, das sie zu leistbarem, beinahe alltäglichem, Trinkvergnügen werden lässt.


Bei Petrus, Mouton-Rothschild und Lafite-Rothschild sollte man wirklich nicht über Preise sprechen und auch nicht darüber ob sie ihre Preise wert sind. Aber es muss wohl so sein, sonst wäre nicht jeder dieser Weine bereits viele Jahre vor der Ernte ausverkauft und darüber hinaus sind sie wahrhaft großartig. Bei diesen Weinen sind meines Erachten nur zwei Fragen zulässig, kann ich es mir leisten und wenn ja, will ich es mir leisten?