Dienstag, 12. Januar 2016

Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul …



und was macht man NICHT mit geschenktem Wein?


Geschenkten Wein wird man auf keinen Fall weiterschenken, denn das gehört sich einfach nicht und man wird ihn auch nicht in irgend einem Eck vergammeln lassen. In der Regel wird ein Wein, egal ob als Geschenk erhalten oder selbst gekauft, geöffnet und probiert.

Zumindest pflege ich jeden Wein zu entkorken, aufzuschrauben oder sonst irgendwie zu öffnen, weil ich neugierig bin und ihn daher näher kennen lernen möchte. Selbstverständlich kann es da schon mal vorkommen, dass ich mir denke, hätte ich doch lieber nicht zum Korkenzieher gegriffen. Aber glücklicher Weise kommt das nur sehr selten vor.


Dieser Geschenkkarton wurde offensichtlich wohl durchdacht befüllt und via Christkind zugestellt. Die Schenkende hat nicht einfach irgend einen teuren Weißen und einen noch teureren Roten einpacken lassen, nein sie hat dem Vinothekar beschrieben, was von meiner Liebsten und mir bevorzugt wird.

Das Geschenk kam von einer lieben Freundin aus dem Schwabenland, so war es irgendwie logisch, dass ein deutscher Riesling in den Karton gepackt wurde. Weshalb wir einen österreichischen Rotwein bekamen, gekauft in einer deutschen Vinothek, war mir anfangs nicht ganz klar. Es handelte sich um das Ergebnis perfekter Recherche. In diesem Fall wurde nämlich von uns nur das Geschmacksbild beschrieben, ohne Herkunfts- oder Sortenangabe. Genau deshalb möchte ich auch den Vinothekar loben, denn er hat genau jene Weine angeboten, die den Beschreibungen entsprachen.

Aber nun genug der Vorworte, weiter zu den Hauptdarstellern …


  • Riesling vom Kalksteinfels 2014 (Phillipp Kuhn; Laumersheim - Pfalz/Deutschland

Bereits mit dem dezenten "Plop" des gezogenen Flaschenkorks kommt sehr jugendlicher, mineralischer Duft zum Vorschein.

Im Glas wird dieser  Wein zum ungestümen Jungspund. Beinahe primärfruchtig, präsentieren sich die verschlossenen Aromen. Aber auch Potential ist bereits in der Nase spürbar. Nach einigen Minuten im Glas beginnen sie sich zaghaft zu entfalten, die typischen Pfälzer Rieslingnoten. Steinobstaromen mit Feuerstein, etwas Stachelbeere und entsteinte Marillen kommen zum Vorschein.

Spätestens, wenn der erste Schluck den Gaumen berührt, wird auch der verschlafenste Koster munter. Knackige Säure trägt einen kompakten Fruchtkörper, eingehüllt in spürbare Mineralik.

Der Abgang, mit sehr beachtlicher Länge, gestaltet sich vollmundig und finessenreich mit einigen Ecken und Kanten. Kurz gesagt, sehr viel Potential, was vom Nachklang eindrucksvoll bestätigt wird.

Oberflächlich betrachtet könnte man vorschnell behaupten dieser Wein wäre säurelastig, was absolut unrichtig ist! Bereits nach 30 Minuten Belüftung (vorzugsweise dekantiert), zeigt sich sein wahres Gesicht. Viel Riesling, knochentrocken, mit Körper und Fülle, passendes Säuregerüst, mineralisch würzig, Finesse, Charme und Elegance bis ans Ende des langen Abgangs. Der Nachklang ruft nach dem nächsten Schluck, aber leider ist die Flasche bereits leer.

Meine Empfehlung: Kaufen und mindestens bis zum Sommeranfang 2016 im Keller ruhen lassen. Dann wird sich unkomplizierte, beginnende Trinkreife offenbaren. In jedem Fall sollten einige Flaschen im Keller verbleiben, denn das Entwicklungspotential ist enorm!


  • Zweigelt, Tregrande Reserve 2013 (Weingut Leth; Fels am Wagram/Österreich)

Eine Cuvee mit Hauptanteil Zweigelt, verschnitten mit Cabernet Sauvignon und Sankt Laurent. Die Bezeichnung Tregrande bezieht sich auf diese drei Rebsorten, welche die roten Hauptsorten des Weinguts darstellen. Reserve bedeutet am Weingut Leth bei den Rotweinen immer Ausbau in Barriques.

Tiefdunkles Rubinrot mit bordeauxroten Reflexen und gemächlich abfließende Schlieren am Glasrand, so präsentiert sich der erste Anblick.

Fein verwobene Aomen von Herzkirschen, Johannisbeeren, Kräutern und einem Hauch von Zwetschken umgarnen die Nase, ummantelt von einem Hauch Vanille und sehr dezenten Röstaromen.

Am Gaumen kräftig, rund und kompakt. Fruchtfleischig und süffig begibt sich der Kostschluck Richtung Abgang, der sich kompakt, dicht und ausgewogen präsentiert und mit großer Länge überzeugt. Auch der Nachklang vermittelt Süffigkeit und makellosen Schliff. Diese Cuvee entspricht quasi der internationalen Stilistik, ist unkompliziert zu trinken und schmeckt wirklich gut. Da gibt’s, aufgrund des makellosen Schliffs, keine lang andauernden Weindiskussionen.

Bereits jetzt angenehm zu trinken. Daran wird sich in nächster Zukunft nichts ändern. Ein trinkreifer Wein mit längerfristiger Haltbarkeit.



Fazit: Der spannendere Wein ist mit Sicherheit der Kuhn-Riesling, mit seiner kompromisslosen Stilistik und seinem wirklich tollen Entwicklungspotential. Der Tregrande ist der Unkomplizierte, der heute, morgen und auch noch in ein paar Jahren schmecken wird, nicht mehr und nicht weniger!