Mittwoch, 7. Dezember 2016

Ein Seewinkler am Genuss Prüfstand ...


Weißburgunder 2015
Weingut Rittsteuer, Neusiedl am See/Neusiedlersee-Burgenland

Bei der letzten größeren Burgunderverkostung, wo ausschließlich Endverbraucher das Sagen hatten, war dieser Weißburgunder leider nicht dabei. Schade, denn es hätte mich interessiert welchen Stellenwert er bei Herrn und Frau Konsument erlangt hätte. Quasi als Nachtrag, habe ich mir diesen Kandidaten vorgenommen. Selbstverständlich, wie immer ohne Bewertung. Eine treffende Wortwahl sagt sowieso mehr aus, wie eine Zahl ...

Der visuelle Eindruck
Helles, leuchtendes Goldgelb und mittelkräftige, langsam abfließende Schlieren am Glasrand entsprechend dem, was der ausgewiesene Alkoholgehalt besagt (12,5%vol.) und man sich von einem klassischen Weißburgunder des Jahrgangs 2015 erwarten darf.

Aromen für's Naserl
Anfangs noch etwas verhalten, aber mit etwas Luft beginnen sich typische Weißburgunder Aromen mit leicht exotischem Touch zu entfalten. Dezent nussig mit etwas Steinobst, einem kräftigen Touch von Ananas, ein wenig Mandarine und Mango, sowie einem zarten Hauch von ungeschälten Mandeln. Der Gesamteindruck in der Nase, frisch-fruchtig, nett und freundlich.

Das Gaumenspiel
Auch am Gaumen anfangs wieder etwas verhalten. Zusehends entfalten sich Fruchtige Aromen, getragen von einem passenden Säuregerüst (5,5 g/Liter). Angenehm füllig, mittelkräftiger Extrakt. Dezent bittergrüne Anklänge wirken ein wenig störend.

Also auf ein neues, Glas schwenken, anschnuppern, ansetzen und Gaumenspiel nochmals überprüfen. Dieser Bursche steckt einfach noch in seinem Kinderschuhen und braucht daher auch noch viel Luft! Niemand soll ersticken, schon gar nicht ein Weißburgunder. Wir lassen ihn also atmen.

Nach einer Stunde sieht die Sache dann schon wesentlich anders aus! Rung, fruchtig und knackig. Das vor einer Stunde merkliche, etwas störende, grüne Bitterl ist jetzt mehr oder weniger verschwunden, oder besser gesagt, zeigt es sich jetzt als dezenter Mandelton. Insgesamt ein klassischer Weißburgundergaumen, nicht aufregend aber anmutigend nett, eben klassisch.

Abgang und Nachklang
Der Abgang von mittlerer Länge zeigt sich bereits ziemlich harmonisch, hat aber noch einige charmante Ecken und Kanten, die für Wohlgefallen sorgen und auch zeigen, dass man diesen Weißburgunder noch etwas Ruhe im Keller gönnen sollte.

Etwas frech, aber quasi mit angemessener Lautstärke, vermittelt der Nachklang ein animierendes Trinkgefühl.

Trinkfluss und Potential
Ich denke, mich nicht allzu weit aus dem Fenster zu lehnen, wenn ich behaupte, dieser Weißburgunder habe kein jahrzehntelanges Potenzial. Allerdings verfügt er über gutes mittelfristiges Entwicklungs- und Lagerpotenzial. Innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre wird er sich zu schöner Trinkreife entwickeln.



Fazit: Wie bei vielen anderen Weinen auch, wäre es viel zu früh diesen Weißburgunder bereits jetzt auszutrinken. Wein braucht eben seine Zeit, auch wenn das aus wirtschaftlichen Gründen anders gehandhabt werden muss. Kein Winzer dieser Welt hat die Kapazität Weine bis zur passenden Trinkreife zu lagern. Das muss der Konsument schon selber übernehmen.