Top Qualität und Vielfalt vom Tullnerfelder Kleinstbetrieb
Kurzes
Statement zu Weinbau und Weinvermarktung im Tullnerfeld
Moosbierbaum
im Tullnerfeld gehört zur Marktgemeinde Atzenbrugg und befindet sich ziemlich
genau in der Mitte am Weg von Tulln nach St. Pölten. Die 320 Seelen Gemeinde
ist nicht nur ein von Ackerbau geprägter Ort, auch der Weinbau hat hier seit
Jahrhunderten Tradition.
Die
Marktgemeinde Atzenbrugg mit all ihren zugehörigen Orten zählte bis Ende 2015
zum Weinbaugebiet Wagram. Die ansässigen Winzer waren damit weniger glücklich
und setzten sich dafür ein, dem Traisenal zugeteilt zu werden, was letztendlich
auch gelang. Ab dem Jahrgang 2016 gehört diese Region zum Weinbaugebiet-Traisental,
was den Weincharakteren mit Sicherheit eher gerecht wird, als die vorherige Wagram
Zugehörigkeit. Was die neue Zugehörigkeit wirtschaftlich bringt, wird sich in
den nächsten Jahren zeigen.
Bis
auf einige Ausnahmen befinden sich hier hauptsächlich Kleinbetriebe, die ihre
Weine ausschließlich während ihrer Heurigen Öffnungszeiten und
eventuell ab Hof vermarkten, was angesichts der verfügbaren Mengen auch logisch
ist. Leider verfügen diese Heurigenbetriebe nicht über jenen Bekanntheitsgrad
wie die in den bekannten Ausflugsgebieten im Kamptal, in der Wachau oder im
Weinviertel. Vermutlich liegt das auch daran, dass die Gegend als Ausflugs- und
Urlaubsziel nicht gerade mit Nachdruck vermarktet wird.
© Siegfried Resch |
Obwohl eine junge Generation von innovativen Weinbauern für sehr gute Weinqualität sorgt, ist in Fachmagazinen nicht all zu viel über Weinbau rund um Atzenbrugg zu lesen, was auch wieder logisch ist, denn aufgrund der Kleinheit dieser Betriebe, sind viele Weine bereits nach kürzester Zeit ausverkauft und ganz ehrlich, welche WeinfreundIn kauft sich ein teures Hochglanzmagazin, um dann zu lesen, was zwar ausgezeichnet mundet, aber nicht mehr erhältlich ist?
Hier
gibt es sie tatsächlich noch, die wahren Geheimtipps, echte Heurige mit ausgezeichneter
Qualität, ganz ohne Autobus Sauftourismus und Seitenblicke Publikum. Egal,
wie man zu Gebietszuteilungen und Berichterstattungen mit großer Auflage steht,
es lohnt sich diese Gegend zu besuchen. Man wird immer wieder auf's Angenehmste
überrascht und manch ein Winzer sorgt sogar für Verblüffung vom Allerfeinsten. Einer
dieser Verblüffungskandidaten heißt Siefried Resch.
0,5 Hektar - verpachten,
verkaufen, selbst bewirtschaften?
Für einen Privatgarten sind 5.000 qm
eine Riesenfläche, aber um als Weinbaubetrieb davon leben zu können, sind 0,5
ha eindeutig zu wenig. Wirtschaftlich gesehen, wäre die Verpachtung einer
derart kleinen Fläche die optimale Lösung. Man würde damit zwar nicht reich
werden, aber immerhin bliebe man weiterhin Grundeigentümer.
Hobbywinzer, das wäre
selbstverständlich auch eine Lösung. Allerdings passen Hobby und das Handwerk
der Winzerei nicht wirklich zusammen. Weinbau erfordert nicht nur umfangreiches
Fachwissen, sondern auch hundert prozentige Einsatzbereitschaft, denn die Natur
nimmt keine Rücksicht auf irgendwelche Terminprobleme, Tagesverfassungen oder
sonstige Befindlichkeiten. Die Hobbyphilosophie mit freier Zeiteinteilung nach
Lust und Laune funktioniert in diesem Fall nicht.
Die "Siegfried Lösung"
- Profiweinbauer im Nebenerwerb!
Auch wenn ihre Haupteinnahmequelle bis
vor wenigen Jahren die Landwirtschaft mit Viehzucht war kann die Familie Resch
auf langjährige Weinbauerfahrung zurückblicken, denn wie für diese Gegend
üblich, zählten Weinbau und Heurigenwirtschaft jahrzehntelang bei den Reschs
ebenfalls zu den betrieblichen Standbeinen.
Siegfrieds Berufswahl fiel eindeutig
aus, er wollte unbedingt Weinbauer werden und das Handwerk von Grund auf
lernen, was er 2004 realisierte indem er seine Ausbildung an der HBLAfür Wein- und Obstbau in Klosterneuburg begann und 2009 erfolgreich abschloss. Die
nötige praktische Erfahrung im Weingarten und im Keller erwarb er in namhaften
heimischen Betrieben und im angrenzenden Ausland.
Siegfried war von Beginn an bewusst,
dass der Ertrag seiner 0,5 ha Weingartenfläche kein ausreichendes Einkommen
bieten würde. Sein Bestreben, Topweine ausschließlich mit eigenem
Traubenmaerial zu produzieren, ließ sich mit Gedanken des Zukaufs von Trauben
nicht vereinbaren. Es ergab sich auch keine Möglichkeit im Handumdrehen den
Betrieb so zu vergrößern, dass sich das Projekt Haupterwerbsweinbauer rechnen
würde. Der Status des Hobbywinzers passte schon gar nicht ins Konzept, daher
entschloss sich Siegfried professioneller Winzer im Nebenerwerb zu werden. Was
sollte aber das finanzielle Hauptstandbein werden?
Qualitätskontrolle im medizinischen
und pharmazeutischen Bereich entpuppten sich neben dem Weinbau als weiteres
Interessensgebiet. Dieses Interesse wurde durch ein Studium an der IMC-FHin Krems fachlich
erweitert und 2015 mit dem Master Titel gekrönt. Damit war auch der Grundstein
für ein solides Haupteinkommen in der Biotechnologie gelegt.
Um das Weingut im Nebenerwerb
erfolgreich betreiben zu können, ist nicht nur eine Haupteinnahmequelle
erforderlich, sondern zusätzlich auch professionelle Hilfe. Diese fachliche
Hilfe wird durch Sigfrieds Vater gewährleistet, der bereits auf jahrelange
Weinbauerfahrung zurückblicken kann.
Der Weingarten ist winzig, alles
andere ist großartig!
Eigentlich ziemlich unglaublich, was
da an unterschiedlichen Weinen aus 0,5 ha rausgeholt wird.
© Siegfried Resch |
Die ehemalige Stockkultur, die noch
vom Opa Resch bewirtschaftet wurde, ist vor 45 Jahren von einer Hochkultur
abgelöst worden. Beinahe aufgeregt erzählte uns der Opa wie er damals den Wein
an den Stöcken in die Höh’ zog und dass es halt viel auf die Witterung ankam,
wie der Wein schlussendlich wurde, mal gut, mal sehr gut, aber wirklich
schlecht, nein daran kann er sich nicht erinnern.
Sorgfältigste Arbeit im Weingarten und
im Keller!
Trotz der winzigen Anbaufläche wird
stark ausgedünnt um gesundes, qualitativ hochwertiges Traubenmaterial ernten zu
können. Die Vielfalt der unterschiedlichen Rebsorten ist beachtlich. Grüner
Veltliner, Müller Thurgau, Weißer Riesling, Grauer Burgunder, Neuburger,
Sämling und St. Laurent, gedeihen hier prächtig.
Das Resch Duo könnte es sich einfach
machen und einen hochwertigen Gemischten Satz keltern, der beim Heurigen
ausgeschenkt und ab Hof verkauft wird. Aber irgendwie würde das nicht zu den
beiden passen, also gibt es nicht nur einen ausgezeichneten Gemischten Satz, es
werden fast alle Rebsorten auch sortenrein ausgebaut. Liest man das
Weinangebot, würde man niemals eine nur 0,5 ha kleine Gesamtrebfläche vermuten.
Das veranschaulichen dann erst die Produktionsmengen der einzelnen Weine.
Hygienische Kellerwirtschaft versteht
sich von selbst. Grund genug, die Produktion vom alten gegrabenen Keller - der
zwar Kellerromantik bietet, aber eben nicht den heutigen Hygieneanforderungen
entspricht - in eine moderne "Produktionshalle" zu verlegen.
Zeitgemäße Kellerwirtschaft mit altbewährten Hilfsmitteln ermöglicht es dem Duo
fehlerfreie, sortentypische Weine mit Charakter zu vinifizieren. Aufgrund der kleinen
Produktionsmengen werden ausschließlich Immervolltanks befüllt. Für ganz
besondere Weine kommen auch gebrauchte Barriques zum Einsatz.
Unverfälscht und
eigenständig mit Wiedererkennungswert!
Experimentierfreudig ist er schon der
Siegfried, aber niemals so, dass es fragwürdig wird. Da hat alles seine
definierte Struktur. Sortenreine Weine behalten ihre Typizität und bekommen
keinen internationalen "0815-Einheitstouch".
Auch wenn ein Grüner Veltliner nach vollendetem
Ausbau im Stahltank einige Monate im Barrique zubringt, bleibt er das was er
sein soll, ein pfeffriger, würziger Klassiker ohne Kaffee- und Vanillearomatik,
ohne Eiszuckerl- und ohne Sauvignon- Touch! Diese Art von Grüner Veltliner nennt
sich dann zum Beispiel "Abraxas" 2015 oder 2011. Grüner Veltliner,
ganz ohne Verfälschung, eben ein echter! Selbiges gilt auch für den DAC
(Traisental) GV 2016 oder für den Schlosswein DAC (Wagram) GV 2015.
Vielfältig und ziemlich
eindrucksvoll!
© Siegfried Resch |
Kein Wein, der nicht gefallen hätte
und auch keiner, der nicht besonders gewesen wäre. Daher müssten hier auch alle
gelistet werden, was aber leider doch nicht möglich ist, da wir auch Weine aus
dem Privatarchiv verkosten durften, von denen keiner mehr im Verkauf verfügbar
ist. Aus diesem Grund erlaube ich mir, mich auf meine persönlichen Favoriten
aus der Rubrik "gibt's noch" zu beschränken.
- Gemischter Satz 2016
- Traisental DAC - Grüner Veltliner 2016
- Wagram - Schlosswein Grüner Veltliner 2015
- Abraxas - Grüner Veltliner 2015
- Abraxas - Grüner Veltliner 2010 (mein persönlicher Sieger!)
- Sankt Laurent 2013
- Sankt Laurent 2011 (ebenfalls mein persönlicher Sieger!)
- Sankt Laurent - PORTO (der Moosbierbaumer "Portwein)
Fazit: Um Größe zu zeigen, muss man kein Riese sein! Das Weingut Siegfried Resch
ist mit seinen 0,5 ha Rebfläche quasi der kleinste Riese, den ich kenne. Nicht
nur riesig klein sondern auch riesig großartig, eigentlich unübersehbar, ein
wahrer "Gedächtnis Einbrenner"! Dem gibt's genau genommen nichts mehr
hinzuzufügen...
Des Autors ganz persönlicher Senf
zum Abschluss
Tja liebe LeserInnen, unterschätzt
mir das Tullnerfeld mit seinen Traisental-Weinbauern nicht. Setzt euch einfach
in den Zug, der hält nämlich in Moosbierbaum, geht dann 500 Meter zu Fuß und
beginnt anschließend am Weingut Siegfried Resch Weine, Speisen und Gegend zu
erkunden.
Mit ein bisserl Glück erzählt euch
Opa Resch ein paar G'schichtln rund um die Stockkultur, während er sich an
Siegfrieds Tröpferl erfreut. Der Papa Resch könnte euch was über die Isabella
erzählen, weil das seine persönliche Favoritin ist. Klar doch, die Direkträger
Rebsorte ist gemeint, besser bekannt als Uhudler. Ich mag das Zeug eigentlich
gar nicht, aber was Papa Resch da mit Isabella anstellt, ist sowas von abartig
ausgezeichnet, dass es so richtig gut schmeckt und Spaß macht!
Die beste Gelegenheit für diese
Erkundungstour bietet sich
vom 28. Juli bis 05. August 2017
Heurigenschank am Bauernhof - Siegfried