Donnerstag, 12. August 2021

Tempranillo D.O. 2018 - 18 Monate Reifung im Whisky Fass .....

.... mehr, als nur ein exzellenter Wein



Ein kurzes Vorwort  muss sein,


quasi als Erklärung wie es zu diesem Post kam, wo ich doch offiziell die Schreiberei aufgab:

Ja, ich bleibe weiterhin im Ruhestand weil es meine Erkrankung und die damit verbundenen Einschränkungen ganz einfach nicht zulassen Artikel  in regelmäßigen Abständen zu veröffentlichen. Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Ausnahme, eine Gefälligkeit in Kombination mit meiner Begeisterung und dem Verlangen meines Mitteilungsbedürfnisses in Bezug auf  diesen Ausnahmewein.

Gute Freunde versuchen mir immer wieder Freude zu machen, so auch in diesem Fall. Ich erhielt 3 Flaschen als Geschenk und wurde um meine persönliche Beurteilung gebeten und wenn es mir irgendwie möglich wäre könnte ich meinen Senf doch in Form eines Artikels wiedergeben, ohne Eile, ohne Stress!

Gesagt, getan! 3 geschlagene Wochen benötigte ich  dafür, weil länger am Stück zu sitzen und dabei auch noch tippfehlerfrei zu schreiben ist mir fast nicht mehr möglich .... 

Schwamm drüber, letztendlich ist es doch gelungen di<e richtigen Tasten in der richtigen Reihenfolge zu treffen und das ist dabei rausgekommen ....


Ein wahres Meisterstück ...


und auch meine ganz persönliche, fast nicht mehr beschreibbare Gaumenfreude von einem der kreativsten Winzer Spaniens, Javier Rodriguez Sanzo .....



Erdig, subtil, mit sagenhafter Finesse, dieser Tempranillo!

Javier Rodriguez überrascht immer wieder mit seinen Kreationen. Trotz seiner ausgefallenen Ideen belässt er seinen Weinen stets ihren bodenständigen Charakter. 



Rotwein im Whisky Fass ausbauen, ich muss zugeben über dieser Art des Ausbaus zwar Bescheid zu wissen, aber bis zum heutigen Tag war es mir noch nicht gegönnt, das Endergebnis verkosteten und beschreiben zu dürfen. Daher gibt es in meinem Langzeit Geschmacksspeicher auch keine „Richtlinien“ oder Erfahrungen, die ich als +/- Pegel verwenden könnte. Das macht es ein wenig schwer, nicht in Euphorie oder in  Ablehnung zu verfallen. Aufgrund der Ausführungen einiger als neutrale Verkoster bekannter Kollegen könnte ich von der Größe eines hochwertigen Amarone ausgehen, auch wenn Anbaugebiet, Traubensorte und Art der Vinifizierung eigentlich total unterschiedlich sind. Der etwas höhere Alkoholgehalt von 15% vol. und manchmal auch mehr  ..... und so weiter und so fort ..... da aber meine persönliche Beurteilung gefragt ist, sind das bloß Anhaltspunkte.



Mit Graus denke ich an die ersten Barrique Versuche in heimischen Breiten die mir ebenfalls nicht selten mit Amarone als Vergleichswein angepriesen wurden, von denen allerdings sehr viele sozusagen in die Hose gingen. Diese Zeit ist aber zum Glück vorbei. In der Zwischenzeit haben’s so ziemlich alle gelernt wie’s geht, dem Wein mit Holzeinsatz nicht zu schaden. Dieser kleine Ausflug in die Vergangenheit war notwendig um meine Aversion gegen plumpe, sortenverfälschte „Holzbrühen“ zu dokumentieren .....


Javier Rodriguez verfügt über enormes Weinwissen und dem Vernehmen nach war er schon immer sehr experimentierfreudig, mit unvergleichlichem Fingerspitzengefühl für nicht alltägliche Kreationen.


Mittlerweile erzeugt Javier Spitzenweine in den unterschiedlichsten Regionen Spaniens, wie zum Beispiel Rioja, Toro oder Castilla y Léon. Egal aus welcher Region, egal ob reinsortig oder Cuvee, seine Weine erfreuen sich größter Beliebtheit, weltweit versteht sich. Da war’s wohl längst überfällig etwas Außergewöhnliches zu wagen, eventuell sogar etwas Wahnwitziges, was die Weinwelt angenehm überraschen könnte - ein im Whisky Fass gereifter Rotwein!


Schnapsidee?!? Lass dich überraschen ..... 



Ein bisserl was zur Verarbeitung der Trauben:

Für diese Art der Weinbereitung wird ausschließlich gesundes, vollreifes Traubenmaterial verwendet. Der 720 Meter hoch gelegene Weinberg in San Román de Hornija (D.O. Toro) zählt zu den besten Lagen des Gebiets. Der Tempranillo fühlt sich hier so richtig wohl. Die sorgfältig geernteten Trauben werden in speziellen, mit Trockeneis temperierten, Kisten ins Weingut transportiert und dort nochmals von Hand nachselektioniert. Dieses Prozedere ist in derart trockenen und extrem heißen Regionen, wie hier, keines Falls übertrieben, wenn vollreifes Traubenmaterial geerntet wird, um jede Möglichkeit einer Fäulnisbildung oder ungewollten Oxydation zu verhindern.


Klassische Maischegärung in Holzfässern, für einen Zeitraum von zirka 30 Tagen sorgt für unverfälschte Sortentypizität. Anschließend reift der Wein 18 Monate in gebrauchten Whisky-Fässern! Bevor dieser Tempranillo in den Verkauf gelangt, werden ihm weitere 12 Monate Flaschenruhe gegönnt.


Aber warum Whisky-Fässer?

Der Whisky reduziert die Tannine des Fasses, ohne dass dabei die Poren verschlossen werden, was wesentlich weichere Tannine, mit einer sehr dezenten Vanillenote in einer runden, cremigen Textur bewirkt.


Farbe:

Kraft und Intensität dieses Tempranillos zeigen sich bereits beim Einschenken. Tiefdunkles Rubinrot mit schimmernden Granatreflexen sorgt für wonnestrahlende Augen   bei den Verkostern.


Geruch und Aromatik:

Ein unbeschreibliches, in dieser Art noch nie erlebtes, Zusammenspiel von unterschiedlichsten Aromen tiefdunkler Kirschen, Brombeeren, getrockneter  Zwetschken (nicht Pflaumen, denn die können nur gut aussehen, weil groß und geometrisch rund, aber aromatisch gesehen, ziehen sie im Vergleich mit den kleinen, etwas unförmigen Hauszwetschken immer den Kürzeren) Karamell, Schokolade, Burbon-Vanille, Nelken und einer Prise Malabar-Pfeffer.


Das Ganze gekonnt umhüllt mit dezent rauchigen Toastaromen. Eh klar, wird der Wein Wissende sagen, ist ja auch eine Barrique G’schicht, muss ja eine Toastingnote haben! Naja, etwas wage und gar allgemein, diese Aussage. Wer nicht nicht nur mit Halbwahrheiten belesen, sondern auch noch mit den Vielfältigkeiten der Vinifizierung vertraut ist, wird plötzlich dieses „kenn ich, aber das ist irgendwie anders“ - Gefühl kriegen und sich fragen, welches Holz verwendet wurde, und, und, und .....).


Diese Art der Röstaromen Struktur ist mir persönlich zwar nicht fremd, aber adhoc hab ich null Ahnung woher und wohin damit! Diese Rauchigkeit kenn ich doch auch, aber nicht mit der hier vorliegenden feingliedrigen Elegance. Opulent, aber irgendwie auch ein wenig filigran, trotzdem perfekt strukturiert! 


Nicht weil ich ein Nörgler wäre, nein weil ich es oftmals erlebt habe, stellt sich sofort die Frage, „wird er am Gaumen das zeigen, was das Bouquet der Nase versprochen hatte?“


Am Gaumen:

Es beginnt schon mal sehr gut, weil der Tempranillo trotz des sehr speziellen Ausbaus nichts von seinen unverkennbaren Merkmalen einbüßen musste - erdig, subtil und das mit einer erstaunlichen Tiefgründigkeit! Dieser klassische Körper harmoniert perfekt mit den weichen, äußert zarten, sehr fein verwoben Tanninen. Meine Befürchtungen, die für ein  Whisky Fass typische Sherrynote könnte zu präsent sein und die Gesamtstruktur plump machen, lösten sich in Wohlgefallen auf. Kurz gesagt, füllig-würzige Komplexität!


Abgang und Finale:


Im Abgang geht absolut nichts von dieser Komplexität verloren. Charmant und ohne Kitsch geht’s ins unglaublich lange Finale!


Ach ja, die 15% vol. Alkoholgehalt bedürfen einer zusätzlichen Erwähnung, da diese derart gut in die Gesamtstruktur eingebunden sind, dass sie niemals unangenehm in Erscheinung treten - kein brandiger Geruch, keine Alkollastigkeit am Gaumen und auch kein Nachbrennen im Finale - einfach perfekt balanciert!!


Dieser Tempranillo sorgt vom ersten bis zum letzten Schluck für unvergesslichen Genuss, was auch renommierte Fachmagazine nicht unberührt lässt. Immerhin ist ihnen diese Wonne an Trinkgenuss 95 bis 98, von maximal 100 Punkten wert!


Abschließend möchte ich mich recht herzlich dafür bedanken, dass mir als ehemaligen Weinberater und Genuss Autor, trotz Pensionisten Status, die Verkostung dieses wahrlich großartige Weins gegönnt war und die Veröffentlichung meiner ganz persönlichen Meinung dazu auch noch erbeten wurde. Danke für dieses Highlight, das mein eher unfreiwilliges Rentner Dasein, im wahrsten Sinn des Wortes belebte.


Ich wurde auch gebeten was über den Preis zu schreiben. Mit einem Endverbraucher Preis im Einzelhandel zwischen € 20,00 bis € 26,00 kann ich gut leben, da es sich um keinen Alltagswein handelt, sondern wirklich um etwas  ganz Besonderes, eine Rarität, die meine ziemlich hohe Erwartungshaltung weit übertroffen hat! Angesichts des Aufwands für die Herstellung dieses Spitzentropfen ist das Preis- Leistungsverhältnis erstklassig!


Euer Andy Bigler

Der Genuss Autor i. R.