Freitag, 11. September 2015

Drei Winzer - Drei Weinbaugebiete - Eine Botschaft ...


"Weine mit Charakter, Terroir und unverkennbarer Stilistik keltern"

Weißburgunder, eine Rebsorte, die fast überall ausgepflanzt wird. Seit einigen Jahren erfreut sich diese Sorte wieder großer Beliebtheit bei den Konsumenten.

Eine erfreuliche Entwicklung, denn Weißburgunder ist eine der vielfältigsten Rebsorten, aus der besonders interessante und einzigartige Weine gekeltert werden können.


Durch Einsatz modernster Technologien wurden allerdings Möglichkeiten geschaffen, Weine regelrecht auf bestimmte Geschmacksmuster zu trimmen, die sortentypische Aromen unterdrücken oder verfälschen. Man würde meinen, dass eine bestimmte Rebsorte in jedem Fall über gebietstypische Charakteristik verfügen würde. Aber leider hat sich in den letzten Jahren eine Art uniformierter Einheitsgeschmack entwickelt, was in diversen Verkostungen immer wieder festzustellen ist.

Ich möchte solche uniformierte Mainstream-Weine keines Falls mit negativer Kritik behaften, aber persönlich bevorzuge ich Weine, die immer wieder für spannende Verkostungen sorgen, weil sie Charakter, Terroir und die Handschrift des Winzers zeigen.

Zu meinem Glück und dem vieler anderer WeingenießerInnen gibt es sie noch, Weinbauern, die ihre Weine nicht in Uniformen zwängen, sondern bestrebt sind, Echtheit und Ehrlichkeit in Flaschen zu füllen, wie die folgenden drei Betriebe mit ihren Weißburgundern beweisen.


Herrenhof Lamprecht (Pöllau - Markt Hartmannsdorf/Steiermark)

  • Weisser Burgunder 2014

Die vier bis acht Jahre alten Rebstöcke wachsen auf sandig - kalkigem Boden. Das reife, absolut gesunde Traubenmaterial wird spontan mit Naturhefen vergoren und in ganzen, so wie halben Startin-Fässern (600 u. 300 Liter) ausgebaut. Kein Zusatz von Aromastoffen und die Tatsache, dass es sich um veganen Wein handelt (keine Behandlung mit Produkten tierischer Herkunft, wie z.B. Hühnereiweis), gewährleisten hundert Prozent Natur, hundert Prozent Sortencharakter mit Herrenhof Handschrift.

Kräftiges, dezent leuchtendes Strohgelb, mit dumpfen Reflexen zeigt, dass dies mit Sicherheit kein High Tech Wein ist. Die Kosttemperatur von knapp 13° C wird sofort die Wahrheit über diesen Wein erzählen. Unmittelbar nach dem Einschenken nimmt die Nase einen Hauch von Phenol wahr. Dieser Geruch verschwindet innerhalb weniger Minuten und es entfalten sich florale Aromen mit ein wenig Steinobst, etwas Biskuit und ein sehr dezentes Nussaroma. Am Gaumen sofort präsent, anfangs noch mit Ecken und Kanten, die sich mit finessenreichem Charme zum harmonischen Gaumenspiel wandeln. Spürbare Mineralik und dezente Holznoten verleihen diesem Weißburgunder ein besonderes Format. Der kräftige Abgang glänzt mit enormer Länge. Der Nachklang vermittelt in seinem ersten Eindruck, Steiermark. Aber nein es ist anders, unvergleichlich, raffiniert, ehrlich, eigenständig. Man wird sofort nach dem nächsten Schluck verlangen, um diese Persönlichkeit näher kennen zu lernen.

Dieser Weißburgunder verfügt über sehr gutes Entwicklungspotential, welches ihn in den nächsten Monaten und Jahren zu einem vorzüglichen, charaktervollen Wein reifen lassen wird. Viel zu schade, um ihn bereits jetzt zu trinken.



Weingut Guttmann (Weiden am See - Neusiedlersee/Burgenland)

  • In Prima Collectura - Weißburgunder Kabinett 2014:

2014 war in diesem Gebiet mit Sicherheit ein sehr schwieriges Jahr. Reifes, gesundes Traubenmaterial zu ernten, war nur durch sorgfältigste Vorarbeit in den Weingärten möglich. Auch den passenden Erntezeitpunkt zu erkennen, war alles andere als einfach. Am Weingut Guttmann wird auf reintönige Weine mit Charakter, Terroir und Winzerhandschrift großer Wert gelegt. In mehreren Durchgängen wurde das beste Traubenmaterial im Kabinettbereich gelesen. Mittels Ganztraubenpressung (Trauben werden vor dem Pressen nicht von den Stielen getrennt) und kontrolliert, gekühlter Gärung wurde versucht, das Maximum an Weißburgunder Charakteristik zu keltern und das ist sehr gut gelungen.

Das kräftige Gelbgrün mit leuchtenden Reflexen sorgte für angenehme Überraschung. In der Nase klare Aromen von gelben Früchten, einem Hauch Melone und nussigen Anklängen, begleitet von dezenten Gerbstoffkomponenten. Am Gaumen fruchtig, lebendig, mit gut passendem Säuregerüst. Homogen und sehr gut strukturiert, bis ans Ende des mittellangen, finessenreichen Abgangs. Der Nachklang verleitet nicht nur zum genüsslichen Schmatzen, er verlangt auch sofort nach dem nächsten Schluck. Die größte und vor allem angenehmste Überraschung stellte der Alkoholgehalt von 15,5% vol. dar, denn Alkohollastigkeit war absolut nicht vorhanden.

Weißburgunder pur, Charakter, Terroir und Guttman’sche Handschrift in der Flasche, beginnende Trinkreife, gutes Entwicklungs-, mittelfristiges Lagerpotential.



Weingut Sohns (Geisenheim - Rheingau/Deutschland)

  • Weißburgunder - Geisenheimer Mönchspfad "Excellence" 2014:

Das Familienweingut liegt nur wenige Gehminuten von der berühmten Geisenheimer Weinbau Hochschule entfernt. Die Familie Sohns legt größten Wert auf, authentische Weine mit Charakter und Eigenständigkeit. Die Grundlagen dafür werden bereits in den Weingärten geschaffen. Nachhaltige, schonende Bewirtschaftung, konsequente Begrünung und eine entsprechende Mengenreduktion, gelten bei der Familie Sohns als Selbstverständlichkeit. Die Arbeit im Keller ist von einer perfekten Kombination aus Tradition und technologischem Wissen geprägt. Dieser Arbeitsweise und dem pfleglichen Umgang mit allen natürlichen Ressourcen entspringen jedes Jahr gebiets- und sortentypische Weine mit individueller Sohns-Handschrift.

Die tiefgründigen Löss- und Lehmböden am Mönchspfad bieten den Weißburgunder Reben die Möglichkeit tief zu wurzeln, so dass vor allem auch in trockenen Jahren, saftig reifes Traubenmaterial entstehen kann. 

Ein anmutigendes, mittelkräftiges Goldgelb mit schimmernden Reflexen schmeichelt dem Betrachter. Kräftige Schlieren am Glasrand lassen Extraktreichtum vermuten. Diese Vermutung bestätigt sich sofort beim ersten Geruchstest. Reifes Steinobst, gelbe Früchte, ein Hauch von Pomelo und etwas Exotik mit nussigen Anklängen; alle Komponenten fein verwoben zu einer kompakten Einheit. Am Gaumen dicht, finessenreich, elegant und frech zugleich, mit perfektem Frucht-Säurespiel. Der lange Abgang ist gut strukturiert mit einigen charmanten Ecken und Kanten. Der Nachklang vermittelt harmonische Lebendigkeit und die Gewissheit, herrlichen Wein mit sehr hohem Genußfaktor im Glas zu haben.

Der Wein befindet sich zurzeit auf mittlerer Trinkreife, mit sehr gutem Entwicklungs- und mittelfristigem Lagerpotential.



Fazit: Jeder dieser drei Weine entspricht unverkennbar dem Sortenbild Weißburgunder und doch hat jeder seine eigenständige Persönlichkeit, die ihn unverwechselbar und einzigartig macht, absolut löbliche Eigenschaften, die dem Mainstream leider abhanden gekommen sind.