Montag, 14. November 2016

Die etwas andere Weinverkostung


Der persönliche Geschmack zählt, sonst nichts

Der Artikel, Spielmacher der Weinwirtschaft, zeigt die Rollenverteilung im "Weinwirtschaftspiel" aus meiner persönlichen Sichtweise. Hier, in diesem Artikel, dreht sich ab sofort alles um Herrn und Frau Endverbraucher. Schließlich bestimmt ihre Bereitschaft Wein zu kaufen die wirtschaftliche Zukunft der gesamten Branche.


Verkostungskriterien

Das Verkostungsteam, ausschließlich Personen ohne beruflichen Bezug zur Weinbranche, ohne fachliche Ausbildung, mit Begeisterung für Wein.

Die Weine, ausschließlich Burgunder Sorten aus Österreich, Deutschland und Spanien. 20 Weine wurden verdeckt gereicht, aufsteigend gereiht nach Alkohol- und Restzuckergehalt.


Fragestellung und Bewertungssystem

Wie gut schmeckt DIR dieser Wein? Welche Note gibst DU ihm? Im Gegensatz zu professionellen VerkosterInnen, die keines Falls ihre persönlichen Geschmacksvorlieben in die Bewertung miteinbeziehen sollten, war es bei dieser Verkostung Bedingung ausschließlich auf persönliche Geschmacksvorlieben zu achten und danach entsprechend zu bewerten.


Da Antworten wie sehr gut, gut, weniger gut oder schmeckt mir nicht, zu wenig aussagekräftig wären, wurde mittels österreichischem Schulnotensystem bewertet. Modifiziert mit Zehntelabstufung zwischen 1,0 und 4,0. Noten zwischen 4,1 und 5,0 sprechen flaschenbedingte und echte Weinfehler an (gleich vorab, kein Wein war fehlerhaft).

Ein geschulter Kostleiter, in diesem Fall meine Wenigkeit, verkostete ebenfalls, OHNE zu bewerten, OHNE zu kommentieren.


Jeder Wein musste unmittelbar nach seiner Verkostung bewertet werden, noch bevor der nächste Wein gereicht wurde (keine Möglichkeit der Nachverkostung und eventueller Bewertungsänderung). Die Auswertung aller Benotungen wurde unmittelbar nach der letzten Probe durchgeführt.


Einigkeit, Ausnahmen und Überraschungen

Für die Berechnung der Gesamtnote eines Weins wurde der Mittelwert aller abgegebenen Noten ermittelt. Meine Befürchtungen, die niedrigste und die höchste Note könnten stark divergieren und so das Ergebnis verzerren, traten zum Glück nicht ein. An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich auch keinerlei Absprachemöglichkeiten ergaben. Alle Noten entsprachen dem jeweiligen persönlichen Geschmacksempfinden.

Bis auf wenige Ausnahmen wurde die klassische Stilistik bevorzugt. Weine mit dezentem Restzucker wurden ebenfalls höher bewertet als jene mit knackig, straffer Struktur. Als angenehme Überraschung entpuppte sich die gute Benotung reiferer Weißweine (üblicher Weise bevorzugt die weintrinkende Mehrheit eher junge Weißweine).

Auch bei Weinen abseits jeglicher Mainstream Stilistik herrschte Einigkeit. Maischevergorene Weißweine fanden wenig Gefallen. Im Gegenteil dazu, erhielt ein im Betonei ausgebauter Wein großen Zuspruch, was mich persönlich ebenfalls angenehm überraschte.

Für eine weitere Überraschung sorgten bekennende WeißweitrinkerInnen, die bei dieser Verkostung anscheinend ihre Liebe zu Rotweinen entdeckten.


Diese 10 schmeckten am besten

Geisenheimer Spätburgunder - Elegance 2014  (Note 1,6)
Weingut Sohns, Geisenheim/Rheingau (D)


Burgunder Cuvee (Pinot Noir/St. Laurent) 2015  (Note 1,8)
Toni Zöhrer, Krems/Kremstal (A)


Spätburgunder "M" Geisenheimer Mäuerchen - Perfektion 2013  (Note 1,8)
Weingut Sohns, Geisenheim/Rheingau (D)


Weißburgunder Reserve 2011  (Note 2,1)
Toni Zöhrer, Krems/Kremstal (A)


Oro del Huevo (100% Chardonnay) 2015  (Note 2,3)
Bodega Maruccia, LLucmajor/Baleares (E)


Cuvee Reserve (Weißburgunder/Chardonnay) 2012  (Note 2,3)
Reinhard und Markus Waldschütz, Elsarn i. Strassertal/Kamptal (A)


Chardonnay Classic 2013  (Note 2,3)
Toni Zöhrer, Krems/Kremstal (A)


Chardonnay - Fünfeckiger Stein 2015  (Note 2,4)
Reinhard und Markus Waldschütz, Elsarn i. Strassertal/Kamptal (A)


Weißburgunder - Smaragd Kollmitz 2015  (Note 2,5)
Erich Machherndl, Wösendorf/Wachau (A)


Pinot Noir - Thurnerberg 2015  (Note 2,5)
Toni Zöhrer, Krems/Kremstal (A)



Schlussgedanken

Diese Art der Verkostung ist keine Neuerfindung. Was als unüblich gesehen werden kann, ist der Ausschluss von Fachpublikum. Im Detail sind die Ergebnisse für Händler interessant, denn was könnte eine effizientere Einkaufshilfe sein, als  Kunden selbst entscheiden zu lassen, was sie in den Lagern der Händler vorfinden möchten.


Fazit: Die nächste "etwas andere Verkostung" ist bereits in Planung. Ausgesuchte Weine der Rebsorte Riesling freuen sich bereits jetzt darauf, von Herrn und Frau Konsument verkostet und bewertet zu werden.



Verkostungsnotizen vom Oktober 2016